Journal

1963

Januar: Die Sonne steht im Steinbock. Zwar ist es bitterkalt. Doch Stephan Schmidlin wagt den Sprung ins Leben. Das elterliche Heim in Affoltern am Albis wird seine erste Welt. Zusammen mit den Geschwistern Robert, Jürg und Brigitte wächst er im intakten Umfeld unbekümmert auf. Er ist ein Kind mit fast endlos viel Energie. Um diese zumindest ein Stück weit abzuleiten, schickt die Mutter ihn in den lokalen Turnverein. Dabei entdeckt der Dreikäsehoch das Geräteturnen und dessen Faszination. Seine Freizeit aber verbringt er am liebsten in den nahen Wäldern. Nicht etwa Bauklötze, nein, die Bäume, die lebendige Materie Holz also, ziehen ihn in Bann. Aber ebenfalls das Zeichnen hat es ihm angetan. Und so verbringt er oft unzählige Stunden mit Blei- und Buntstiften in seinem Zimmer, während all die übrigen Familienmitglieder im Winter auf den Skipisten und im Sommer in der Badi herumtollen.

1980

Mit einem Mal ist er da, der Ernst des Lebens: Stephan Schmidlin beginnt eine Berufslehre als Möbelschreiner. Diese wird ihn vier Jahre lang auf Trab halten. Er lernt den Umgang mit dem Werkstoff Holz und Technisch Zeichnen. Letzteres wird ihm gerade bei der Realisation seiner Grossskulpturen und seinen Projekten
mit «Kunst am Bau» eine wichtige Stütze sein.

1984

Jägersalto, Schraubenkombinationen, Scheren vorwärts, Doppelsalto: Stephan Schmidlin wird in Balzers LIE zum ersten Mal Schweizer Meister im Fünfkampf des Geräteturnens und steht folglich ganz oben auf dem Podest. 1990, 91 und 92 doppelt er gleich dreifach nach – gemeinsam mit Erika Iseli – im gemischten Doppel. Die beiden werden am Eidgenössischen 1991 in Luzern Turnfestsieger. Für Stephan Schmidlin war Kunstturnen eine wichtige Lebensschule, die ihm Disziplin, Zielstrebigkeit sowie Durchhaltewillen und Streben nach Perfektion lernte.

1987

Mit der «Schnätzi», der Schule für Bildhauerei in Brienz, erhält Stephan Schmidlins künstlerische Ausbildung die entscheidende Wende und das unverzichtbare Rüstzeug für seine Karriere als bildender Künstler. Er vertieft seine Beziehung mit dem Werkstoff Holz, eignet sich wertvolle Kenntnisse in Stilkunde, Anatomie, Zeichnen, Heraldik an, entdeckt eine für ihn neue Leidenschaft und eine fast unbegrenzte Palette der Möglichkeiten, seinen kreativen Ideen und Vorstellungen attraktiv Ausdruck zu verleihen.

1991

Es ist ein Sprung in kaltes Wasser: René Rindlisbacher und Stephan Schmidlin wagen sich als Comedian-Duo «Schmirinski’s» auf die Bretter, die die Welt bedeuten oder zumindest vorerst jene der Region. Anfänglich noch leicht zögerlich. Das Publikum aber ist begeistert. Und so erhalten sie an einem Samstagabend Anfang 1991 im Rahmen einer grossen TV-Show mit dem Namen «Tell 90» vor Hunderttausenden von Fernseh

1995

Jahr für Jahr wird der nach seinem Initianten benannte «Prix Walo» vergeben – die bedeutendste Auszeichnung im Schweizer Showbusiness, verliehen jeweils in einer grossen TV-Liveshow. 1995 geht die begehrte Auszeichnung in der Sparte «Kabarett/Comedy» an die Schmirinski’s. Nur zwei Jahre später doppeln René Rindlisbacher und Stephan Schmidlin noch einmal nach und erhalten den «Goldenen Stern».

2000

Gleich mit seiner ersten Monumental-Skulptur setzt der Künstler Stephan Schmidlin in Monaco ein Zeichen mit Leuchtkraft. Die Vernissage seiner Ausstellung findet auf Einladung von Fürst Albert von Monaco statt. Es ist auch der Fürst persönlich, der die Enthüllung der Monumental-Skulptur «Lothar» im Yachthafen vornimmt: Ein stoischer Mann aus Lärchenholz, hilflos eingeklemmt zwischen den zwei Stämmen einer gegabelten riesigen Pappel. Das Holz dazu ist im Sturm desselben Namens gefallen. «Ohnmächtig ist der Mensch gegenüber den Kräften der Natur», drückt das Kunstwerk aus. Es wiegt mit Granitsockel über 3 ½ Tonnen und misst in der Höhe an die fünf Meter.

2001

Auch die letzte Pointe sitzt. Schallendes Gelächter. Der Vorhang fällt, hebt sich wieder und fällt ein allerletztes Mal. Standing Ovations. Das war Schmirinski’s Dernière. War es wirklich das allerletzte Mal? Das Publikum will

2004

I. Dieses Jahr steht für Stephan Schmidlin im Zeichen des Fussballs. Dabei kommt ihm als ehemaliger Kunstturner seine persönliche Affinität zum Leistungssport speziell entgegen. So erhält der Künstler, als die FIFA (Fédération Internationale de Football Association) am 4. März 2004 in London im Rahmen ihres hundertjährigen Bestehens die hundert bedeutendsten Fussballer der Geschichte zu ehren sucht, einen prestigeträchtigen Auftrag, nämlich jenen Award zu kreieren, der die Ausgezeichneten ein Leben an diesen historischen Augenblick erinnern soll. Die Auswahl der zu Ehrenden wird vom legendären Pelé (Edson Arantes do

2006

In zunehmendem Masse sind es Grossprojekte, «Kunst am Bau» also, die an Stephan Schmidlin herangetragenwerden. So zum Beispiel das Stadion-Projekt von Star- Architekt Sir Norman Foster in Singapur. Solcherlei Aufgaben bedeuten echte Herausforderungen für den Künstler und werden vermehrt zu Kernarbeiten eines Skulpteurs monumentaler Werke, bei deren Planung und Realisierung Stephan Schmidlin höchst wertvolle Erfahrungen sammeln kann – kreativ und technisch weit über die ihm bekannten Grenzen hinaus. Das Werk soll eine 17 Meter hohe Statue werden, als zum Stadion gehörendes Wahrzeichen, das sich symbolhaft dynamisch zum Meer hin öffnet. Zwar erhält schliesslich

2010

I. Noch einmal blickt die versammelte Kunstturnerszene im Zürcher Hallenstadion auf Ex-Schweizer- Meister Stephan Schmidlin. Die Sieger des internationalen Swiss Cup 2010, die deutschen Weltklasseturner Fabian Hambüchen und Elisabeth Seitz, stemmen am 31. Oktober unter Standing Ovations die neugeschaffene Trophäe in die Höhe. Der Schweizer Künstler hat sie gestalten und auch persönlich enthüllen dürfen. Besagtes Kunstwerk versinnbildlicht auf höchst eindrückliche Art und Weise Körperbeherrschung in Reinkultur, bringt Kraft und Eleganz in Einklang, strahlt folglich genau das aus, was diese Sportart so faszinierend macht. Einzigartig auch die Kombination der verschiedenen Materialien, die zur Realisierung dieser Statue verwendet wurden: Das Kunstwerk ist aus Aluminium, Plexiglas und Holz gefertigt und steht auf einem Sockel aus Granit.

2014

Wegschauen, wenn’s kritisch wird… Solches soll künftig nicht mehr möglich sein. Erhält doch das ehemalige Kinderheim in Mümliswil, einer jener Orte des früheren Unrechts, mit der Skulptur «Weggeschaut» des Künstlers Stephan Schmidlin ein Mahnmal wider das Vergessen. Das Vergessen all des körperlichen Leidens und all der seelischen Not, die unsere Gesellschaft seinerzeit den Abertausenden von Verdingkindern

2015

Zürich-Leimbach: Die Wohnüberbauung «Sihlbogen» stellt schweizweit eine echte Pioniertat dar. Ist sie doch so konzipiert, dass deren Bewohner nach ihrem Einzug höchstens 2000 Watt an Energie pro Kopf verbrauchen. Also dreimal weniger als eine Person im Durchschnitt heute in diesem Land konsumiert. Stephan Schmidlin ist begeistert von der Idee. Als Künstler beschäftigt er sich seit langem mit dem Thema «Nachhaltigkeit». Die zwölf Meter langen und 26 Tonnen schweren Skulptur, seiner grössten bisher, setzt er dem innovativen Projekt die Krone auf sowie dem Quartier ein unübersehbares Wahrzeichen. Das Kunstmonument, gefertigt aus zwei zusammengesetzten Mammutbäumen, zeigt auf der einen Bogenhälfte vier Personen, die einen Verbrauch von je 6000 Watt beanspruchen, was in der 2000-Watt- mGesellschaft, dargestellt auf der anderen Bogenhälfte, für zwölf Personen reicht. Die Skulptur symbolisiert zudem einen riesigen Bumerang. Denn was wir heute tun, fällt nach dem Kausalitätsprinzip später einmal auf unsere Nachkommen zurück.

2017

Entspannt zurückgelehnt und dennoch bereit, jederzeit
in die Luft zu gehen: So wartet die riesige Skulptur
«Der Schwebende» aus dem Oberrohrdorfer Mammutbaum
auf den grossen Auftritt. Eine Fahrt per
Tieflader an den Fuss der Innerschweizer Berge bildet
den Auftakt dazu. Dann beginnt das eigentliche
Spektakel: An Stahlketten hängend, steigt der Koloss
in die Lüfte und schwebt, vom Helikopter getragen, als
sei er ein Fliegengewicht, dem Fronalpstock zu. Auf
1921 m ü.M. landet er, noch immer in seiner Liegestuhl-
Position, wird verankert und posiert eine Winterund
Sommersaison lang, auf den See hinabblickend,
als Gipfelstürmer. Bevor er zum definitiven Standplatz
im Zürcher Oberland weiterreist.

2018

Ein Raunen geht durch die versammelte Gästeschar, als
Skulpteur Stephan Schmidlin im Naturpark der «Reha
Ost» Rheinfelden die Blache vom neuesten Werk zieht.
Die Gruppe von hölzernen Skulpturen nennt sich
«Der Weg» und zeigt einen Patienten, erst im Rollstuhl

2019

Alle drei Jahre wieder… Das Eidgenössische Schwingund Älplerfest ist ein Volksevent von ganz besonderem Ausmass. Entsprechend riesig der Publikumsaufmarsch, das Medieninteresse und die Resonanz im ganzen Land. Ebenfalls Bildhauer Stephan Schmidlin steuert etwas Einzigartiges zur aktuellsten Durchführung bei – eine Höchst kraftvolle Skulptur, wie sie das Fest seit Bestehen noch nie gesehen hat. Zwei überdimensionierte «Böse», die in einem Kraftakt aufeinandertreffen. Der Künstler ist prädestiniert für solch ein Werk. War doch der Vater bereits ein Fan dieses Sports. Ergo stieg auch der Sohn schon im Kindesalter in die Zwilchhosen. Die Muskeln besass er zwar, doch seine Statur war zu schmächtig. Und so feilte er seine sportliche Begabung schon früh im Kunstturnen und brachte es in diesem Bereich zur Meisterschaft.

2020

Nach Monaco (2000) und dem Güterbahnhof Zürich
(2010) der nächste Meilenstein in der beachtenswerten
Künstlerkarriere des Schweizer Holzbildhauers: Der
Stephan Schmidlin Skulpturen Park. Die Idee ging
ursprünglich von der Skulpturen-Inszenierung «Die
4 Elemente» und der Verbindung Mensch-Schöpfung
sowie jener zur Natur aus. Aus spontaner Begeisterung
und dank der Sammelleidenschaft des Initiators und
Besitzers des Freizeit- und Restaurations-Komplexes
«Riverside», Hans-Ulrich Lehmann, der seine allererste
monumentale Skulptur («Zeit») von Stephan Schmidlin
bereits vor zehn Jahren erworben hat, erwartet
jetzt im Park eine öffentlich zugängliche permanente
Skulpturen-Ausstellung die Kunstinteressierten. Mit
einer Vielzahl Überraschender Werke aus ein und derselben
Hand, jener von Stephan Schmidlin.